Prähistorische Siedlung von Ses Païsses

Die prähistorische Siedlung von Ses Païsses wird auch Talaiotisches Dorf von Ses Païsses, bzw. Poblat Talaiòtic de Ses Païsses genannt. Es befindet sich südöstlich des Ortes Artà, in der gleichnamigen Gemeinde, in der Region Comarca Llevant, im Osten der Balearischen Insel Mallorca.

Diese Siedlung zählt, besonders neben den Siedlungen von Capocorb Vell und Son Fornés, zu den bedeutensten archäologischen Ausgrabungsstätten von Mallorca, denn sie gehört zu den Fundstätten der am besten erhaltenen Funde der Megalithkultur. Es ist nicht bekannt wie alt die talaiotische Siedlung genau ist, Wissenschaftler gehen von einer Besiedlung von etwa 1000 bis 100 v. Chr. aus.

Die Siedlung wurde auf einer kleinen Anhöhe, die sich etwa 120 Meter über dem Meeresspiegel befindet, errichtet. Dadurch konnte man das umliegende Gebiet gut beobachten. In der Nähe des Dorfes befindet sich der Sturzbach Torrent de ses Terretes, der aus den beiden Sturzbächen Torrent des Revolts und dem Torrent des Moninet entsteht. Er diente den Bewohnern der prähistorischen Siedlung als Wasserversorgung, da er nur etwa 50 Meter von der Außenmauer entfernt ist. In südwestlicher Richtung erreicht man nach etwa 250 Metern außerdem noch eine Quelle. 
Obwohl das talaiotische Dorf Poblat Talaiòtic de Ses Païsses schon seit Jahrhunderten bekannt war, wurde es erst im Jahre 1946 als kunsthistorisches Denkmal unter Schutz gestellt. Im Jahre 1950 wurde das Gelände des Dorfes vom Staat erworben.

Die meisten der heute sichtbaren Bauwerke wurden von dem italienischen Archäologen Giovanni Lilliu freigelegt, der vor allem für seine Forschungen der Sardischen Nuraghen bekannt ist. Bei diesen archäologischen Ausgrabungen in der Zeit von 1959 bis 1963 kamen auch viele wertvolle Informationen zu Tage. Der mallorquinische Archäologe Javier Aramburu setzte in den 1990er Jahren die Ausgrabungen und Forschungen von Lilliu fort, wobei er weitere Gebäude entdeckte. Regelmäßige, einmal im Jahr stattfindende Ausgrabungen, werden seit dem Jahre 2004 durchgeführt. 
Der älteste Teil des Dorfes ist der Talaiot, der zentrale Turm, der wahrscheinlich Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. gebaut worden ist. Forscher sind sich nicht sicher, wofür er genutzt wurde, wahrscheinlich nicht zu Verteidigungszwecken, sondern eher für religiöse Zeremonien oder als Vorratsspeicher. Verschiedene Wohngebäude wurden im Laufe der Jahrhunderte an den Turm angebaut.

Als die Konflikte zwischen den verschiedenen Familienclans der unterschiedlichen Talaiot-Siedlungen sich verschärften, wurde eine Absicherung des Dorfes nötig. So wurde laut Aramburu die umgebende Mauer zwischen den Jahren 650 und 540 v. Chr, erbaut. Ab dem Jahre 123 v. Chr. gehörte Mallorca zum Römischen Reich, die Siedlung wurde teilweise zerstört und die Bewohner verließen nach und nach das Dorf. Bis zu dieser Zeit war das Dorf durchgehend bewohnt und die Gebäude wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut. 
Umgeben ist das prähistorische Dorf von einer doppelwandigen Mauer, die in Zyklopen-Technik errichtet wurde. Die großen Steine der äußeren Mauer wiegen bis zu acht Tonnen und sind in die Erde eingelassen worden. Die innere Mauerwand wurde mit kleineren Steinen errichtet. Die Mauer ist durchschnittlich 3,6 Meter breit. Sie erreicht eine Höhe von 3,5 Metern am südöstlichen Zugang. Es gibt drei Zugänge, die aus je zwei großen Steinen, die senkrecht stehen, und einer quer darüber liegenden Steinplatte als Sturz, bestehen.

An dem Turm befindet sich ein hufeisenförmiges Zimmer, das eine Fläche von 132 m² aufweist. Im Inneren wurden Knochenreste an verschiedene Feuerstellen, sowie Keramiken, Werkzeuge aus Eisen und eine Grabstätte gefunden. 
Das als Hypostylos-Saal bekannte Gebäude ist apsidenförmig und wurde wahrscheinlich für gemeinschaftliche Zwecke genutzt. Im Inneren befinden sich sieben Säulen an den Wänden und drei freistehende Säulen. Direkt in den zentralen Turm führt von hier aus ein Gang, der nicht mal einen Meter hoch ist.

Das älteste Bauwerk der Siedlung ist der Talaiot, der zentrale, zylindrische Turm, der eine Höhe von vier Metern und einen Durchmesser von 12 Metern aufweist. Möglicherweise befand sich in seiner Mitte eine Säule, die das Dach getragen hat, wie man es auch bei anderen Talaiots auf Mallorca vorgefunden hat, allerdings ist diese, ebenso wie das Dach, nicht mehr erhalten. Zwei niedrige Gänge verbinden den Turm mit den angrenzenden Gebäuden.
Bislang wurde nur eine Straße entdeckt, sie befinden sich zwischen zwei Gebäuden, die einen apsidenförmigen Grundriss aufweisen. Durch Wände aus Tonerde sind diese Gebäude jeweils in drei Räume aufgeteilt. Nachdem es in einem Gebäude gebrannt hatte, wurde es als Grabstätte vom 5. bis 2. Jahrhundert genutzt.

In südlicher Richtung vom Turm aus befinden sich zwei Gebäude, die einen rechteckigen Grundriss aufweisen. Das erste Gebäude verfügt über etwas mehr als 25 m², das zweite ist fast 40 m² groß. In dem kleineren Gebäude ist noch der untere Teil einer Säule erhalten geblieben, im zweiten befinden sich zwei Säulen. Es wurden in dem ersten Gebäude Fundstücke aus der römischen Zeit und eine Feuerstelle entdeckt.

Des weiteren gibt es ein nierenförmiges Gebäude, das sich direkt innen an der Mauer befindet, und ein rechteckiges Gebäude, das sich in der Nähe des Eingangs befindet.

Das talaiotische Dorf von Ses Païsses ist heute etwa 400 Meter vom Stadtrand und etwa 700 Meter vom Zentrum in südöstlicher Richtung entfernt. Über einen asphaltierten Weg ist es gut erreichbar, der Weg ist ausgeschildert. Neben dem Dorf befindet sich ein kleiner Parkplatz. Auf einem Rundweg, der durch die prähistorische Siedlung führt, kann man die Rest der Siedlung bestaunen.

Viele Fundstücke dieser prähistorischen Siedlung, wie Schmuck, Gegenstände aus Bronze und Keramiken, befinden sich in dem Regionalmuseum Museu Regional d'Artà.

Vor dem heutigen Haupteingang zur prähistorischen Siedlung von Ses Païsses befinden sich ein Monolith, der zum Gedenken an den mallorquinischen Schriftsteller und Geistlichen Miquel Costa i Llobera erinnern soll. Dieser lebte von 1854 bis 1922 und schrieb im Jahre 1901 das Gedicht La deixa del geni grec, Das Vermächtnis des griechischen Genius, dessen Handlung größtenteils in dieser Siedlung spielt.

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