Kein Frischfleisch für Teneriffa

Auf Teneriffa könnte es schon bald eine verstärkte Nachfrage nach vegetarischen Rezepten geben. Ein Streik im größten Schlachthof auf den Kanaren sorgt dafür, dass sich die Freunde eines leckeren Steaks vielleicht schon in Kürze an Tofubratlinge und andere fleischlose Gerichte gewöhnen müssen.

Seit Beginn dieses Jahres gibt es im Schlachthof von La Laguna auf Teneriffa immer wieder Probleme mit der Auszahlung der Löhne und Gehälter für die 42 Angestellten. Verzögerte Gehaltszahlungen bringen die Arbeiter, deren Grundgehalt nicht einmal 1000 Euro pro Monat beträgt, immer wieder in unangenehme Situationen. Sie können ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. Bei manchen geht es soweit, dass ihnen schon das Geld fehlt, um ihre Fahrzeuge aufzutanken. Und die brauchen sie, um zur Arbeit zu kommen. Als man nun auch noch angekündigt hat, dass man die Bonuszahlungen für die Schlächter, Ausbeiner und Zerteiler in diesem Jahr nicht auszahlt, haben die Angestellten beschlossen, in einen unbefristeten Ausstand zu treten.

Der Sprecher des Streikkomitees, Rubén Bonilla, bedauert die Maßnahme. Er sieht jedoch keine andere Möglichkeit, auf die schwierige Lage der Schlachthofmitarbeiter aufmerksam zu machen. Die Entscheidung, die Bonuszahlungen einfach ausfallen zu lassen, habe das Fass zum Überlaufen gebracht, sagte der Vertreter der Arbeitnehmerschaft.

Schlachthof in Las Palmas kann Ausfälle nicht auffangen

Bis auf weiteres wird man im größten Schlachthof des Archipels kein Tier mehr töten und verarbeiten. Im vergangenen Jahr wurden hier noch 4.000 Tonnen Fleisch produziert. Die Fleischerkollegen im „Matadero“ von Las Palmas, der eine weitaus geringere Kapazität hat, werden diesen Ausfall nicht kompensieren können. Was dazu führt, dass nicht nur die Versorgung mit Frischfleisch auf Teneriffa, sondern auf allen Kanarischen Inseln bedroht ist. Zumindest, falls der Streik länger andauern sollte. So lange es keine Einigung zwischen Arbeitern und den Betreibern des Schlachthofes, der Inselregierung gibt, werden sich die Fleischesser auf der Insel mit tiefgefrorenen Reserverationen zufrieden geben müssen. Wenn diese Ressourcen leer sind, werden die Privathaushalte zu einer fleischlosen Küche übergehen müssen. Abgesehen von den Restaurants und Hotels, die ihren Gästen die neue Diät wahrscheinlich nur schwer vermitteln können.

Die Vertreter der Arbeiterschaft sehen zur Zeit keinen Ausweg aus dem Dilemma. Von den zuständigen Stellen der Inselregierung wurde ihnen bereits mitgeteilt, dass der gesamte Etat für dieses Jahr ausgeschöpft ist. Auf Teneriffa produziert man sehr viel mehr Fleisch als auf der Nachbarinsel Gran Canaria. Trotzdem liegt das veranschlagte Budget mit nur 600.000 Euro pro Jahr fast 1,4 Millionen unter dem, was den Kollegen in Las Palmas haben.

Privatisierung soll Probleme lösen

Ob die von unterschiedlichen Seiten vorgeschlagene Privatisierung des Schlachthofes die Lösung für das Problem sein könnte, darf bezweifelt werden. Kaum ein Investor aus der freien Wirtschaft wird einen defizitären Betrieb übernehmen, der auf Grund eines festgefügten Preisniveaus keinen marktwirtschaftlichen Handlungsspielraum besitzt. Ohne Möglichkeit, die Preise zu erhöhen, um rentabel wirtschaften zu können, wird es für eine Lösung der Probleme keine Chance geben.

Und so könnte der derzeitige Mangel an Frischfleisch eine gute Vorbereitung auf das sein, was da unweigerlich kommen wird. Die Preise für gutes Fleisch werden nicht nur auf Teneriffa, sondern auf allen Inseln steigen und damit den Konsum beschränken. Da ist es gut, wenn man vorbereitet ist und schon mal leckere Alternativen zu Steak und Wurst ausprobiert hat. Für eine gesunde Ernährung der Bevölkerung wird dies kein Nachteil sein, ebenso wenig wie für das Bewusstsein, dass gute, fair produzierte Lebensmittel eben ihren Preis haben.