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Die Kanaren – wie die Krise das Paradies verschlingt

Santa Cruz

Santa Cruz de Tenerife

In diesem Artikel möchte ich berichten wie die Krise auf die kanarischen Inseln kam. Die Kanaren sind eine Gruppe von zu Spanien gehörenden Inseln, die ungefähr 100 Kilometer vor Marokko gelegen sind. Einige dieser kleinen Inseln dort sind bis heute unbewohnt. Sie bieten dem Betrachter das malerische Ideal von „Südsee“, mediterranem Lebensgefühl sowie immer währendem Sonnenschein. Sogar im Winter sind zweistellige Temperaturen keine Seltenheit. Die rund 2 Millionen Einwohner der Inseln stammen überwiegend aus Spanien, doch haben auch weitere Europäer und Afrikaner dort einen Platz zum Leben gefunden. Ein Leben unter einer nimmermüde strahlenden Sonne, mit dem Aroma des omnipräsenten Meeres in der Nase.

Allein in 2007 brachte der Tourismus 14,2 Milliarden Euro in die Region

Diesen Traum teilten viele Millionen Menschen für kurze Zeiträume, suchten die Kanaren immer wieder als Urlaubsort auf und etablierten einen soliden Tourismus auf den Inseln.
 Allein in 2007 brachte der Tourismus dort 14,2 Milliarden Euro in die Region. Dies entsprach etwas mehr als einem Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Ein Wirtschaftszweig auf den man bauen konnte – wörtlich.

Arbeitslosenzahl steigt auf 32%

Zwischen 1996 und 2004 motivierte die Wirtschaftslage und der blühende Tourismus viele Kanaren Immobilien zu bauen. Dieser Boom sorgte für eine hervorragende Auftragslage und deutlich sinkende Arbeitslosenzahlen. Der Anteil der U-25 Generation sank sogar auf 18 Prozent. Dann brach der Markt ein. So massiv gesättigt wie er wahr, kollabierte er sozusagen unter seinem eigenen Gewicht. Die Krise begann.
Die Bemühungen, noch mehr Touristen auf das spanische Inselparadies zu locken, liefen ins Leere. Rückgänge der Besucherzahlen und damit massive Einbrüche der Einnahmen aus dem Tourismus, befleckten das makellose Bild der Kanaren erstmalig.

Viele der gut ausgebildeten Kanaren verliessen ihre Heimatinseln und siedelten auf die größten Inseln oder sogar direkt auf das Festland über. Eine Kompetenzflucht, die der zu wackeln beginnenden Region heftig an den Beinen zerrte. Die Touristenzahlen sanken weiter. Die Arbeitslosenquote hingegen erlebte einen Anstieg, den man sich in vielen anderen Bereichen nur hätte wünschen können. In der ersten Hälfte von 2012 belief sich der Prozentsatz an Einwohnern ohne Beschäftigung auf 32 Prozent.

Perspektivlosigkeit der jungen Menschen

Die mangelnde Perspektive und deutliche Sparmassnahmen, die mit der Krise kamen, demotivieren vor allem die Jungen und weniger gut ausgebildeten Kanaren – die sogenannte Ni-NiGeneration. Von ihnen sind mittlerweile sogar schon 40 Prozent ohne Erwerbstätigkeit.

Viele Kanaren beziehen zwar Arbeitslosengeld, doch durch das dortige Staffelungssystem (1000,- monatlich für 4 Monate, danach 400,- monatlich für 2 Jahre) können sich viele nur noch vie Schwarzarbeit über Wasser halten. Kurzfristig gesehen, erscheint es manchen ausreichend, um zu leben. Und gerade die unteren (Aus-) Bildungsschichten haben den Antrieb eingebüsst, sich um eine Beschäftigung zu kümmern. Es wird sich schon regeln.
Andere nutzen ihre gewonnene Zeit, um an neuen Ideen und Konzepten für einen Neuanfang zu arbeiten. Manche entwickeln Pläne, um sich selbstständig zu machen, sich neu zu orientieren und stellen sich Risiken, um das Ruder für sich herumzureissen.

Das Drama mit den Flüchtlingen

Doch nicht nur die Kanaren unter sich straucheln unter den Hürden ihrer Situation. Flüchtlinge aus Afrika nehmen die gefahrenreiche Fahrt über den Golfstrom und die Strasse von Gibraltar mit kleinen völlig überladenen Booten und weit unzureichender Versorgung, auf sich, in der Hoffnung auf eine neues Leben.
Im Schnitt versuchen etwa 4.000 Flüchtlinge diese Verzweiflungstat jährlich. Die Regierung hat daraf bereits mit einer Verschärfung seiner seeischen Grenzpatrouillen reagiert. Doch können bislang nur etwa 10 Prozent der Flüchtlinge in ihre Heimatländer rück-überführt werden, was in einem Schweigen der Betroffenen und fehlenden Vereinbarungen der Länder zur Auslieferung liegt.
Viele der Flüchtlinge überleben die Fahrten in den vollgestopften Booten nicht. Das Unvermögen ausreichende Nahrungsmittel oder medizinische Versorgungsgüter mitzuführen, führt zu zahlreichen unschönen Toden und Infektionen, durch lange Aufenthalte zwischen den Toten. Allein zwischen Januar 2006 und August 2007 , so Schätzungen der Nationalgarde Spaniens – Guardia Civil-, seien mindestens 1.260 Flüchtlinge auf diesem Weg umgekommen.

Somit wird die Wagschale der Lasten, die das kleine Inselparadies zu stemmen hat, zusätzlich ungünstig gefüllt. Die Dysbalance wächst. Einige der Inseln haben bereits begonnen, sich kleinschrittig zu erholen. Dies könnte den Verzweifelten ein neuer Antrieb sein, den Hoffenden neuer Brennstoff für ihre Ideenschmiede. Aber die Flecken wird es so schnell nicht vom Panorama der Kanaren wischen können.

Autor des Artikels: David G.

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